Jung, DMS & Sie! - Ausgabe April 2019

Airbnb Von der Luftmatratze in die Luxusvilla Vor etwas mehr als zehn Jahren startete Airbnb als kleine Online-Schlafplatzbörse. Seither rüttelt das Unternehmen die Hotelwelt durch – und sorgt auch für viel Ärger. Höchste Zeit, einmal die wichtigsten Fakten zu bündeln, das Erfolgsgeheimnis zu er- gründen, die Kritikquellen zu sichten und einen Ausblick zu wagen. Als in San Francisco im August 2008 wieder einmal alle Hotelbetten ausge- bucht sind, kommen zwei Typen in ih- rer Studentenbude auf eine Idee: Man könnte doch – logisch, via Internet – Schlafplätze in der eigenen Woh- nung vermieten. Damit eine günstige Hotel-Alternative schaffen, neue Leute kennenlernen und sich als Vermieter ein Zubrot verdienen. Die beiden Typen, Brian Chesky und Joe Gebbia, beide seinerzeit arbeits- lose Kunsthochschulabsolventen, legen einfach los. Bei sich zu Hause. Sie stellen drei Luftmatratzen in ihr Wohnzimmer und bieten sie zur Miete an. Im Preis inbegriffen ist ein Früh- stück. Der Name des Angebots: „Air bed and breakfast“ – Luftmatratze und Frühstück. Die Idee kommt so gut an, dass die beiden eine Firma daraus machen. Der Name bleibt, sie kürzen aber ab: Aus „Air bed and breakfast“ wird Airbnb. Wertvollstes Start-up weltweit „Vergesst Hotels“ verkündet Airbnb schon zum Start am 11. August 2008. Allerdings ahnt damals niemand, dass hier ein großer Rivale für das etablierte Tourismusgeschäft entsteht, der die Branche kräftig durcheinanderbringt. Das Unternehmen wächst rasant und entwickelt sich rasch zu einem der wertvollsten Start-ups weltweit. Aus der Schlafplatzbörse ist inzwi- schen ein Tourismuskonzern mit fünf Millionen gelisteten Unterkünften, 150 Millionen vermittelten Zimmern in 191 Ländern und rund 81.000 Städten, 2,6 Milliarden Dollar Umsatz (2017) und etwa 100 Millionen Dollar Gewinn geworden. Auch 2018 soll Airbnb profitabel gewesen sein – im dritten Quartal konnte erstmals mehr als eine Milliarde Dollar binnen drei Monaten umgesetzt werden. Zum Vergleich: Die weltgrößte Hotel- kette, der Marriott-Konzern, hatte mit seinen rund 30 Marken Ende 2017 etwa 1,3 Millionen Zimmer im Ange- bot. Investoren gehen davon aus, dass Airbnb rund 31 Milliarden Dollar wert sein soll. Die Gründer könnten ihre Fir- ma demnächst an die Börse bringen. Fit für den Börsengang Vom Luftmatratzen-Image hat sich Airbnb längst verabschiedet, Früh- stück gibt’s auch kaum noch – mitt- lerweile geht es eher um reiche Kundschaft im Luxus-Segment. Kein Wunder, dass die Börse in New York dem Börsengang entgegenfiebert. Da- für macht sich Airbnb sukzessive fit: So kaufte der Airbnb-Konzern im März das Last-Minute-Buchungsportal Hoteltonight. Damit nähert sich Airbnb weiter an die Hotelbranche an, denn das Unternehmen verfolgt das Ziel, größter End-to-end-Reiseanbieter zu werden. Der Deal trägt auch zur weite- ren Diversifikation der Marke bei und könnte zusätzliche Investoren anlo- cken, die den geplanten Börsengang im Juli 2019 unterstützen. Als Folge verspricht sich Airbnb auch mehr Übernachtungen bei ihren privaten Gastgebern. Denn fast 90 Prozent der Gäste, die ein Hotelzimmer bei Airbnb buchten, buchen danach ein “klassisches” Airbnb-Zimmer im Privathaushalt. Neben Unterkünften bietet Airbnb inzwischen auch sogenannte Entde- ckungen an: Surfstunden am Venice Beach, eine Sumo-Trainingsstunde in Tokio oder mit dem E-Bike durch Bran- denburgs Wälder fahren. Wer einmal auf der Seite www.airbnb.de ist, kann hier sowohl seine Nächte als auch Tage in einer fremden Stadt planen – und fast jeder Wunsch wird erfüllt. Jung, DMS & Sie! / REISE 50 April 2019

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