Jung, DMS & Sie! - Oktober 2020

Mit der Absage der ersten Messen im Frühjahr hatte es begonnen. Und seit der wegen aufgetretener Corona-Infek- tionen vorzeitig beendeten Kunstmesse „The European Fine Art Fair“, kurz Tefaf, in Maastricht stand der Kunstbetrieb komplett still. Gerade kleinere Galerien waren von dem wo- chenlangen Lockdown existenziell bedroht. Laut Bundesver- band Deutscher Galerien und Kunsthändler erwirtschaftet die Hälfte der Galerien in Deutschland nur einen jährlichen Umsatz zwischen 50.000 und 200.000 Euro. Lediglich ein Siebtel der Kunsthändler setze mehr als 500.000 Euro im Jahr um. Gerade für Raumkünstler wie Werner Haypeter wurde der fehlende öffentliche Raum zu einem Problem. Für Haypeter, der – coronabedingt um einige Monate verzögert – im Mai mit der August-Macke-Medaille 2020, dem Bonner Kunst- Oscar, für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, ist der persönliche Austausch zwischen Kunst und Besucher sehr wichtig: „Rauminstallation lebt durch den Ort und die Teil- habe der Besucher“, erläutert er und blickt zurück auf den kompletten Shutdown: „Am 15. März sollte meine Ausstellung ‚Verortungen‘ im Künstlerforum Bonn mit der Preisverleihung feierlich eröffnet werden. Einen Tag vorher beschloss die Stadt Bonn, sämtliche Ausstellungen und die damit verbunde- nen öffentlichen Veranstaltungen wegen der Pandemie zu untersagen. Ich hatte also wenig Zeit zum Nachdenken und war gezwungen, auf eine neue, nie dagewesene Situation möglichst schnell verantwortungsvoll zu reagieren“, erinnert sich Haypeter. Kunden und Interessenten nicht verlieren Im Vorfeld waren 5.400 Einladungen verschickt worden, Besucher aus dem In- und Ausland hatten sich angekündigt, die Presse war eingeladen, Sammler und Museumsdirektoren hatten sich mit dem Künstler verabredet und Käufer bereits Termine für spätere persönliche Ausstellungsführungen ver- einbart. „Nun galt es, Schaden zu vermeiden und Kunden und Interessenten nicht zu verlieren“, so Haypeter. Genau wie für Sie als Berater und Vermittler, steht und fällt das Geschäftsmodell auch von Künstlerinnen und Künstlern mit der persönlichen Beziehung zu den Kunden. Deshalb fragte sich Haypeter nach dem Shutdown: „Wie kann ich trotz Corona-Stillstand die Öffentlichkeit und die Interessenten erreichen? Wie mache ich meine Arbeit erlebbar? Wie ist ein Dialog möglich?“ Jung, DMS & Sie! / STYLE Kreative Lösungen, die nicht nur Platzhal- ter, Ersatz für verlorenes Erleben sein sollen, mussten gefunden werden. Diese Lösun- gen sollten für sich authentisch stehen und somit nicht Verlust dokumentieren und in der bloßen Hoffnung münden: Hoffentlich wird es bald wieder wie früher.“ Werner Haypeter Haypeter fand für sich kreative Lösungen, um in Kontakt mit „seinem“ Markt zu bleiben: Filmaufnahmen, die u. a. der WDR bereits während des Ausstellungsaufbaus begonnen hatte, stellte er auf seine Website. Er versuchte, das Inter- esse der Medien für seine Kunst zu wecken, war verstärkt auf Facebook und YouTube präsent und intensivierte den persönlichen Austausch mit Sammlern und Interessenten. Außerdem beteiligte sich Haypeter an der Online-Ausstel- lung „In Response To...“ der Galerie Annely Juda Fine Art in London. In der Ausstellung „antworten“ er und drei weitere zeitgenössische Künstler auf ein Werk der Avantgarde des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Ausstellung ist weiterhin unter www.inresponseto.net zu sehen.“ 51 Oktober 2020

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