Jung, DMS & Sie! - Oktober 2020

JDC Standort Prickelnde Vergangenheit Im Frühjahr ist JDC mit ihrer Firmenzentrale in Wiesbaden ein paar Häuser weiter- gezogen. Die neue Adresse Söhnleinstraße weist deutlich darauf hin, welche prickelnde Vergangenheit der neue Standort hat. Eine historische Einordnung. Was assoziieren Menschen heute mit dem Begriff Söhnlein? Genau – brillant, im- merhin ist der Söhnlein brillant eine der bekanntesten Sektmarken hierzulande. Rund 80 Prozent der Deutschen kennen ihn oder haben den Schaumwein schon einmal genossen. Doch mit dem Namen Söhnlein verbindet sich noch viel mehr – vor allem eine bewegte Vergangenheit, in der Richard Wagner, Kaiser Wilhelm I. und die Tabakproduktion eine Rolle spie- len. Aber der Reihe nach. Alles begann mit Johann Jacob Söhnlein, dem Mitbegründer der Rheingauer Schaumweinfabrik. Doch Söhnleins Werde- gang hatte zuerst nur teilweise mit Sekt zu tun. Söhnlein, 1827 in Frankfurt geboren, machte eine Ausbildung in einer Weinhandlung und einem Tabakunternehmen. Zuerst mit Zigarren bis nach Amerika Mit 23 Jahren gründete er in Frankfurt eine Tabak- und Zigar- renhandlung mit eigener Zigarrendreherei. 1855 verlegte er seine Aktivitäten – der Liebe wegen – nach Schierstein, wo er die „Nassauische Gesellschaft für Tabakbau und Cigarren- Fabrikation“ ins Leben rief. Die Geschäfte liefen gut, und er exportierte seine Waren schließlich bis nach Amerika. Als Mitte des 19. Jahrhunderts die steigende Nachfrage der Deutschen nach Sekt die Schaumweinkellereien aus dem Boden schießen ließ, folgte Söhnlein diesem Trend. Immerhin hatte er das theoretische Rüstzeug durch seine Ausbildung in der Weinhandlung. 1864 gründete er mit sechs weiteren Unternehmern die Rheingauer Schaumwein-Fabrik AG. Zwölf Jahre später folgte seine eigene Firma, Söhnlein & Co., die 1899 mit der Rheingauer Schaumweinfabrik verschmolz. Dass Söhnleins Unternehmen innerhalb kurzer Zeit den Durchbruch im hart umkämpften Sektmarkt schaffte und zur größten Sektfabrik Deutschlands aufstieg, verdankt er nicht zuletzt der Schöpfung einer der ersten deutschen Mar- kenbezeichnungen, der Sektmarke „Rheingold“, die er 1877 ins Markenregister eintragen ließ. Mit genialer Vermarktung zum Erfolg Der Markenname leitete sich von der gleichnamigen Oper Richard Wagners ab, dessen Bekanntschaft Söhnlein zu Beginn der 1860er-Jahre gemacht hatte. Als 1876 die Bay- reuther Festspiele mit dem Opernzyklus „Der Ring des Nibe- lungen“ eröffnet wurden, vollzog Wagner werbewirksam die offizielle „Weihung“ des Rheingold-Sekts. Das war der Start von Söhnleins Erfolgsprodukt, das er eifrig bewerben ließ – mit idyllischen Bildern vom Rhein und von Hagen von Tronje oder Grafiken namhafter Künstler, die sich darum rissen, Werbung für das „flüssige Gold“ gestalten zu dürfen. Richard Wagner und der Kaiser als Werbeträger Söhnlein konnte seine Marke zudem an wichtige Werbeträ- ger seiner Zeit knüpfen, zum Beispiel an die Nobelgastrono- mie internationaler Schifffahrtslinien oder an das deutsche Kaiserhaus. So erhielt Söhnlein gemäß einer Verfügung Kaiser Wilhelm I. das Privileg dafür, dass kaiserliche Kriegs- schiffe nur mit Söhnlein-Sekt getauft werden. Dadurch wurde diese Marke Ende des 19. Jahrhunderts zum Stan- dard-Taufsekt. In diesem Zusammenhang kam es 1902 bei einer Schiffstaufe in New York zum sogenannten Champa- gner-Krieg mit dem französischen Premiumhersteller Moët & Chandon, den Söhnlein aber zu seinen Gunsten entschied und sein Sekt dadurch Weltbekanntheit erlangte. Jung, DMS & Sie! / REISE 58 Oktober 2020

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