Jung, DMS & Sie! - April 2021

Jung, DMS & Sie! / STYLE Erinnern Sie sich noch an Ihre Kindheit und die sonntäg- lichen Besuche bei Oma und Opa? Dann haben Sie sicher auch noch Bilder im Kopf von üppig wucherndem Finger- blatt auf dem Fensterbrett, und der alte Gummibaum neben dem Fernsehschrank rankte fast bis zur Decke. Heute wun- dert man sich, wie hip die Großeltern schon damals waren. Wer sich früher die erste eigene Wohnung eingerichtet hat und ein wenig begrünen wollte, ging ins schwedische Möbel- haus oder in den Baumarkt. Das damalige Zimmergrün war omnipräsente Massenware und nach dem Fließbandprinzip gezüchtet. In den Nullerjahren waren schlichte Topfpflanzen dann ganz out, nur einige robuste Gewächse überlebten auf Büroschreibtischen, im Treppenhaus oder im Wartezimmer beim Arzt. Seit aber die Generation der Millennials die Zimmerpflanze als hippes Designaccessoire wiederentdeckt hat, feiert sie ihr Revival. In sozialen Netzwerken tummeln sich heute „Plant- fluencer“, die das grüne Blattwerk in ihren vier Wänden in Szene setzen, und auf Blogging-Plattformen werden Pflege- tipps für Bogenhanf, Monstera und Kakteen ausgetauscht. Nicht erst, aber seit vor allem Corona liegen Zimmerpflanzen wieder voll im Trend. Vor allem die Homeoffice-geplagten Städter ohne eigenen Garten vor der Tür sehnen sich nach etwas Ruhe und Natur. Und wenn man schon nicht unbe- schwert am Wochenende aufs Land fahren darf – vom Urlaub in fernen Ländern ganz abgesehen –, dann holt man sich den Urban Jungle eben in die eigenen vier Wände. Urban Jungle Bloggers Als Stars des neuen Green-Home-Booms gelten die Nieder- länderin Judith de Graaff und der Münchner Igor Josifovic. Auf der Social-Media-Plattform Instagram haben die beiden 1,2 Millionen Abonnenten. Gemeinsam starteten sie be- reits vor acht Jahren ihren Blog „Urban Jungle Bloggers“. Zuerst haben sie nur ihre jeweils eigenen Stadt-Dschungel fotografiert und ins Netz gestellt – sie ihr mit Exoten voll- gestelltes Haus in der Nähe von Paris, er das dichte Grün in seiner kleinen Wohnung in der Münchner Innenstadt. Ihre Blogger-Freunde waren davon so begeistert, dass auch sie ihre grünen Oasen im Netz präsentieren wollten. Mittlerweile sind die Urban Jungle Bloggers die größte Online-Pflanzen- Community weltweit. Auch im Homeoffice – zurück zur Natur Nach Jahren des cleanen und minimalistischen Wohnens feiern Zimmerpflanzen gerade ihr großes Comeback. Vom wilden Pflanzenmix bis hin zu einzelnen Hinguckern: Es wird immer grüner in den Wohnungen, immer mehr holen sich mit tropischen Trendpflanzen den Dschungel und die Urlaubssonne nach Hause. Beim Wohntrend Urban Jungle geht es aber nicht nur darum, sich mit Zimmerpflanzen die Natur nach Hause zu holen. Vor allem macht der Indoor-Garten einfach glücklich, denn Pflanzen wirken entspannend. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen schwierige Situationen besser meistern, wenn sie auf Pflanzen schauen können. Das Wohnen in Grün hat noch andere Vorteile: Pflanzen reinigen deutlich messbar die Luft von Schadstoffen und sorgen für neuen Sauerstoff. Zimmerpflanzen machen glücklich und gesund Ihren Ruf als Raumluftwunder verdanken Zimmerpflanzen der US-Weltraumbehörde Nasa. Auf der Suche nach Metho- den, die Luft an den Raumstationen zu verbessern, unter- suchte sie in den 1980er-Jahren die luftreinigende Wirkung diverser Pflanzen. Es zeigte sich, dass gängige Arten wie Drachenbaum und Efeu schädliche Chemikalien, etwa Form- aldehyd und Benzol, aufnehmen. Allerdings fanden die Experimente unter speziellen Labor- bedingungen statt und lassen sich daher nicht auf normale Wohnsituationen übertragen. Doch in Kombination mit regelmäßigem Lüften trägt das Grünzeug in der Wohnung eindeutig zu einem gesünderen Klima bei. So verbessert etwa ein Papyrus die Raumluft erheblich. Eine anderthalb Meter hohe Pflanze braucht ein bis zwei Li- tern Wasser am Tag. 98 Prozent davon gibt sie als Feuchtig- keit wieder ab. Das ist gut für Schleimhäute und Atemwege, die bei Heizungsluft leicht austrocknen und dann anfällig für Infektionen sind. Generell sind Grünpflanzen mit viel Blattmasse bessere Raumbefeuchter als Blühwunder. Gut eignen sich zum Bei- spiel Philodendron, der Drachenbaum oder auch der Ficus. Er ist sehr wachstumsfreudig, wenn er gut platziert ist. Ein Ficus Benjamini in einer Höhe von zwei Metern hat insge- samt eine Blattoberfläche von vier bis fünf Quadratmetern. Damit kann er den Formaldehydanteil in der Luft um bis zu 80 Prozent senken. 51 April 2021

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