Jung, DMS & Sie! - April 2021

Die Geschichte des Spazierengehens Das Wort Spaziergang leitet sich vom italienischen „spazia- re“, ab, was so viel heißt wie „sich räumlich ausbreiten, sich ergehen“. Der Ursprung des Spaziergangs ist das aristokra- tische Lustwandeln in Gärten und Barockparks, später kam als soziale Komponente Kontakte knüpfen und ungestört Gespräche führen hinzu. Ab Beginn des 19. Jahrhunderts konnte sich dann auch das städtische Bürgertum dank zunehmender Arbeitsteilung und Industrialisierung leisten, freie Zeit zu haben. Also taten es die Bürger dem Adel gleich, promenierten und demonstrierten so ihren Zeitreichtum. Schritt für Schritt weniger Stress Gerade in Zeiten von Homeoffice kann ein täglicher Spazier- gang eine ganz neue Tagesstruktur geben. Wichtig dabei ist aber, dass man sich traut zu sagen: Jetzt funktioniere ich einmal nicht, auch wenn auf dem Schreibtisch noch fünf Auf- gaben auf mich warten. Das ist der erste Weg aus dem Stress, wie vor zwei Jahren eine Studie der Universität Michigan bewiesen hatte. Die Wissenschaftler schickten 36 Freiwillige mindestens dreimal in der Woche zu einem zehnminütigen Spaziergang ins Grüne. Sie konnten dabei frei wählen, wann und wohin sie gin- gen. Einzige Bedingung: Kein Smartphone. Vor, während und nach dem Experiment wurden die Cortisolwerte der Teilnehmer durch Analyse einer Speichelprobe bestimmt. Die Untersu- chung ergab, dass schon 20 Minuten Naturerlebnis genug waren, um den Cortisolspiegel deutlich zu senken. Das Gehen ist ja auch eine Übung, ohne mediale Ablenkung, ohne permanente Berieselung mit Musik auszukommen. Spazierengehen lebt davon, dass eine Weile nichts geschieht – einfach nur gehen. Doch dabei geschieht jede Menge, man hat es bisher nur nicht bewusst wahrgenommen: Man spürt vielleicht den Regen, hört Vögel und den Wind – und gerade der Frühling zeigt, wie die Natur wieder sprießt. Diese Eindrücke bringen einen auf andere Gedanken, gerade in diesen Zeiten, in denen man fast nur noch von Corona hört. Bewegung in der Natur beugt einem Lagerkoller vor, trägt zum allgemeinen Wohlbefinden bei, sorgt für eine bes- sere Schlafqualität und kann Ängste und Sorgen relativieren. Jung, DMS & Sie! / TRENDS 47 April 2021

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