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Oberteil sollte auf jeden Fall perfekt
sitzen, egal, welchen Ausschnitt die
Dame bevorzugt.
Die Lederhose
Auch die Lederhose war zunächst
Arbeitskleidung, vor allem der
Fuhrleute, die wetterfest unterwegs
sein mussten. Dass die kurze Leder-
hose in Bayern so einen Triumphzug
angetreten hat, ist ein Verdienst der
Wittelsbacher. Unter König Max
Joseph II. wurden königliche Jäger
im 19. Jahrhundert mit Lederhosen
ausgestattet, die sie quasi wie eine
Uniform trugen. Üblicherweise hatte
der Mann damals nur eine Lederhose,
mehr konnte er sich nicht leisten. Im
Winter wurden sie mit langen Woll-
strümpfen getragen.
Freilich kann man die Lederhose
fertig kaufen. Aber wer etwas auf
sich hält, lässt sich eine vom Säckler
schneidern, am besten aus Hirsch-
leder. Das ist weich und angenehm
zu tragen. Die Stickerei ist es, die
die Lederhose erst echt macht. Beim
Plattstich wird der Faden – meist in
Grün oder Gelb – auf dem Leder
geführt, beim Reliefstich ist der
Faden nicht sichtbar, es entsteht
im Leder eine Aufwölbung.
Auf die Seitentasche, in der frü-
her das Messer steckte, wird das
Monogramm des Trägers gestickt.
Mit handgestickten Wadlstrümpfen,
weißem Hemd und Lodenjacke
wird Mann dann zum „gstandnen
Mannsbild“.
Trachten im Alltag
Während in den meisten Regionen
Bayerns die Tracht im Alltag nicht
getragen wird, kann man im süd
lichen Oberbayern (z. B. Berchtes-
gadener Land, Chiemgau, Oberland)
und im Allgäu die Tracht teilweise
auch im Alltag finden. Damen
tragen häufiger Dirndl, bei Herren
beobachtet man oft auch Kombi-
nationen zwischen Lederhose und
nicht trachtentypischen Kleidungs
stücken (Turnschuhe, normales
Hemd). Das Tragen von Turnschuhen
oder Timberland-Stiefeln zur Tracht
ist ein absolutes No-Go, jedoch bei
Volksfesten häufig von Nicht-Bayern
praktiziert. In den Vereinen, zu
festlichen Gelegenheiten, Familien-
feiern und Hochzeiten ist das Tragen
von Tracht in ganz Altbayern üblich.
Immer mehr kann man auch wieder
das Tragen von Hüten sehen.
Trachten-Infor
mationszentrum
Wer mehr über Tracht erfahren
möchte, der sollte einen Ausflug zum
Trachten-Informationszentrum in
Benediktbeuern unternehmen.
Hier wird z. B. erklärt, dass Hosen
aus Hirsch- oder Gamsleder schon
immer den Wohlhabenden vorbehal-
ten waren. Oder dass sich, wer echte
Lederne trug, durchaus verdächtig
machte: Im Österreich der K.-u.-k.-
Zeit nutzte die Obrigkeit die Auf-
tragslisten der Gerber dazu, Wilderer
zu überführen. (Trachten-Informati-
onszentrum des Bezirks Oberbayern,
Michael-Ötschmann-Weg 2, 83671
Benediktbeuern,
-
mationszentrum.de)
Trachten Brückner
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Nicht ganz unschuldig daran
ist sicherlich die Tatsache, dass
prominente Damen das Dirndl
für sich entdeckt haben. Auf dem
Oktoberfest werden mittlerweile die
schrillsten Outfits vorgeführt. Dirndl
in Seide, bunten Sari-Stoffen, Spitze
und sogar in Leder.
Da die männliche Begleitung
ebenfalls passend gekleidet sein
muss, erlebt auch die Trachtenmo-
de für Männer einen Aufschwung.
Kniebundlederhosen sind in, dazu
baumwollene Hemden mit dem
typischen Steg und schicke Westen,
Trachtenjanker oder Trachtenstrick-
jacken. Gegen Ende des 19. Jahr-
hunderts war es schon einmal ein
„Prominenter“, der die Trachtenmode
quasi in den Adelsstand erhob. Der
österreichische Kaiser Franz Joseph
trug Tracht zu offiziellen Anlässen,
um seine Volksverbundenheit zu
demonstrieren. Viele eiferten seinem
Vorbild nach. Die Trachtenmode, die
ursprünglich Arbeitskleidung oder
– aufwändiger gestaltet – Festtags-
gewand der einfachen Leute war, war
plötzlich auch bei höhergestellten
Schichten modern.
Das Dirndl
„A fesches Dirndl“ ist ein bayerisches
Kompliment. Denn auch wenn das
Dirndl, also das Mädchen, schon älter
ist, ein Dirndl, also das Kleid, macht
aus jeder Frau „a saubers Weiberleut“.
Es gibt zwei Grundformen des
Dirndls. Zum einen das „Leib
gwand“, das ist das einteilige Kleid
aus Leinen, Baumwolle oder Seide,
das mit Bluse und Schürze getragen
wird. Zum anderen das „Spenzerg-
wand“, ein zweiteiliges Dirndl aus
Rock und Oberteil. Dies ist meist aus
Baumwolle oder Leinen gefertigt.
Auch zum Spenzergwand wird eine
Schürze getragen. Entwickelt hat sich
das Dirndl aus der Arbeitsbekleidung
bayerischer Bauernmädel. Damals
wurden Schürzen und Hemdchen
meist aus Bettwäsche genäht. Darü-
ber zog man das festere Leibgewand.
Der Schurz war das Accessoire, das
man öfter wechselte. War mal ein
Fleck drauf, machte eine frische
Schürze gleich wieder einen saube-
ren Eindruck. Salonfähig wurde das
Dirndl, als adlige Sommerfrischle-
rinnen die bäuerliche Kleidung für
sich entdeckten und in die städtische
Mode brachten. Besonderes Merkmal
ist bis heute das Dekolleté. Ob es ele-
gant, brav, lasziv oder gar vulgär ist,
hängt ganz von der Trägerin ab. Das
Fischer Dirndl
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Juni 2015
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